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Forschungsverbünde zur wissensgenerierenden Vernetzung von Forschung und Versorgung in Modellregionen - Nationale Dekade gegen Krebs
Termin:
01.09.2023
Fördergeber:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Gefördert werden sollen modellhafte, regionale Forschungsverbünde, die demonstrieren, wie die Prozesse der Vernetzung zwischen den vorhandenen Forschungs- und Versorgungsstrukturen sektorenübergreifend ausgebaut und optimiert werden können. Die Vernetzung soll in Form von konkreten ,,Use Cases" in räumlich begrenzten Modellregionen erfolgen. Als federführende Einrichtung soll in jedem Fall ein universitäres Krebszentrum mit etablierter klinischer Spitzenforschung fungieren. Eine initiale Defizitanalyse soll das regionale Potenzial für eine Verbesserung in Quantität und/oder Qualität der Vernetzung aufzeigen. Der Ausbau modellhafter Vernetzungsstrukturen soll so angelegt werden, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt über die Modellregion hinaus erweiterbar und wenn möglich auf andere Anwendungsfelder übertragbar sind. Das universitäre Krebszentrum soll dabei in einem interdisziplinären Ansatz alle Akteure und Fachrichtungen, die in der jeweiligen Region für eine wissensgenerierende Vernetzung wichtig sind (z. B. CCC mit ,,Peripherie", nicht-CCC, zertifizierte Zentren, nichtzertifizierte Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte, z. B. auch Hausärzte, Patientenvertretende, klinische Krebsregister, öffentlicher Gesundheitsdienst, Versorgungsforschung etc.), in die Konzeption des Projekts einbinden. Die universitären Krebszentren sollen demnach die versorgende ,,Peripherie" aktiv und möglichst umfassend in einer Modellregion zur Beantwortung einer Forschungsfrage (,,Use Case") zusammenbringen.
Ein möglichst breiter Einbezug onkologischer Versorgungseinrichtungen ist wünschenswert, muss aber gegenüber der Machbarkeit und Nachhaltigkeit der Vernetzungsmaßnahmen abgewogen werden. Nicht in der Region ansässige Einrichtungen, die für die jeweilige Fragestellung relevant sind, können in die Konzeptentwicklung aktiv eingebunden werden (z. B. andere universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen, gegebenenfalls Unternehmen der Gesundheitswirtschaft). Vorhandene Infrastrukturen (z. B. Biobanken, Tumorkonferenzen, Datenintegrationszentren der Medizininformatik-Initiative, Zentren für Klinische Studien) sollen wo immer möglich und sinnvoll integriert werden.
In den Modellregionen sollen förderliche Elemente für eine wissenschaftlich erfolgreiche Vernetzung gestärkt, Hemmnisse und Hindernisse (auf der Ebene z. B. von Prozessen, Strukturen und auf Akteursebene) identifiziert sowie Lösungen erarbeitet und pilothaft umgesetzt werden. Es sollen hierbei keine grundsätzlich neuen Strukturen ent-wickelt werden, sondern die Potenziale zur Optimierung von Vernetzung zwischen und innerhalb bestehender Strukturen ausgeschöpft werden.
Der Mehrwert der Forschungsverbünde kann einerseits auf dem schnellen Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die breite Versorgung oder andererseits auf der Untersuchung von Erfahrungen und Daten aus der Versorgung zur Generierung neuer Erkenntnisse beruhen. Demzufolge könnten die Forschungsverbünde zum Beispiel die folgenden ,,Use Cases" adressieren und ihren Antrag einem der folgenden beiden Module zuordnen (Aspekte aus dem jeweils anderen Modul können mitberücksichtigt werden; weitere ,,Use Cases" sind möglich, insofern sie sich einem der Module zuordnen lassen):
Modul 1: Vernetzung zur Stärkung des Transfers von (klinischen) Forschungsergebnissen in die Versorgungspraxis
- Sektoral-übergreifende frühe klinische Studien: Durchführung in regionalen Netzwerken kleinerer Versorgungseinheiten mit Universitätsklinika. Hierbei können Aspekte aufgegriffen werden wie beispielsweise
- Nutzung gemeinsamer Studienplattformen (strukturiertes Erfassen und Abrufen laufender klinischer Studien; Erleichtern des Austauschs zwischen den Partnern und Standorten; Stärkung der gegenseitigen Zuordung von Patientinnen und Patienten für geeignete Studien, das heißt Beschleunigung der Patientenrekrutierung);
- Standortübergreifende Studienteams (z. B. Personal mit Teilzeitstellen sowohl an einer Universität als auch im niedergelassenen Bereich oder in ländlichen Krankenhäusern);
- Personalaustausch von ,,clinician scientists", ,,clinical trialists" und ,,(flying) study nurses";
- gemeinsame Study-Nurse-Netzwerke;
- gemeinsame Arbeitsgruppen;
- Zusammenarbeit mit einem übergeordneten Zentrum für Klinische Studien zur Umsetzung standardisierter Prozesse und Dokumentation der Studien.
Die Zielsetzung dieses ,,Use Cases" beinhaltet unter anderem die wohnortnahe Einbeziehung von mehr Patientinnen und Patienten in innovative klinische Studien sowie die Verringerung des administrativen Aufwands und dadurch die Vereinfachung der Beteiligung an der Studiendurchführung für kleinere Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte.
- Sektoral-übergreifendes Tumorboard: ausgehend von einem universitären Krebszentrum Ausbau regionaler Kooperationsnetzwerke, die regionale Krankenhäuser und niedergelassene Onkologen integrieren. Hierbei können Aspekte aufgegriffen werden wie beispielsweise
- Interaktion in den Tumorboards, insbesondere für molekulare, komplexe und/oder seltene Tumorerkrankungen;
- wissenschaftliche Analyse des evidenzbasierten Nutzens der Tumorboard-Empfehlungen für die Patientinnen und Patienten (z. B. Überleben, Lebensqualität). Hierfür sind längere Nachbeobachtungen erforderlich. Bei der Planung und Durchführung des Projekts sollten Patientenvertretende einbezogen werden.
Ziele sind unter anderem die Erarbeitung von individuellen Therapieempfehlungen mit molekularer Zielrichtung auf Grundlage einer interdisziplinären Diagnostik; die Dokumentation und Auswertung der Daten aus den molekularen Tumorboards soll die Evidenz für die Therapieempfehlungen generieren oder als Grundlage für neue klinische Studien (Treiber innovativer klinischer Forschung) verwendet werden; die Koordination der molekulardiagnostischen Leistungen wird durch das universitäre Krebszentrum für nichtuniversitäre Kliniken oder Niedergelassene angeboten.
Modul 2: Vernetzung zur Untersuchung von klinischen Erfahrungen und Versorgungsdaten für die Generierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse
- Regionale Zweitmeinungsnetzwerke: Wissenschaftliche Untersuchung der leitlinienkonformen Diagnostik und Behandlung unter Einschluss von (molekularen) Tumorboards. Hierbei können Aspekte aufgegriffen werden wie beispielsweise
- Durchführung von prospektiven Projekten zur Evaluation der Übereinstimmung zwischen Erst- und Zweitmeinung;
- Untersuchung einer möglichen Verschiebung des Behandlungsortes (z. B. von Niedergelassenen zum Krebszentrum);
- systematische Darstellung der Änderungen der Erstmeinung inklusive Erfassung einer größeren Akzeptanz im Netzwerk.
- Kooperative Datenanalyse zur Beantwortung von neuen Forschungsfragen: Forschungsprojekte auf der Basis bevölkerungsbezogener Real-World-Daten aus der Modellregion (und gegebenenfalls darüber hinaus), klinischer Krebsregister und Daten von zertifizierten Krebszentren.
Ziel ist beispielsweise die Bestätigung von Therapieeffekten (z. B. Wirksamkeit von Orphan Drugs oder von innovativen operativen Methoden) im klinischen Alltag (Versorgungsforschung; die Einbeziehung des öffentlichen Gesundheitsdienstes sollte in Betracht gezogen werden);
- Integration und Vernetzung von Daten der regionalen Peripherie mit dem universitären Krebszentrum: Die Daten der Peripherie sollen so verfügbar gemacht werden, dass sie für weitere Analysen genutzt werden können: sowohl zur Beantwortung klinischer Forschungsfragen (z. B. Umsetzung und Wirksamkeit zentraler Therapieempfehlungen) als auch für die Grundlagen- und translationale Forschung. In jedem Fall muss der potentielle Nutzen für Patientinnen und Patienten dargestellt werden.
Für beide Module gilt: Weiterbildungs- und Trainingsmaßnahmen sind als wichtiges Element der Vernetzung von Forschung und Versorgung in jedem ,,Use Case" in der Modellregion verbindlich mit einzubeziehen. Zu diesem Zweck ist auch ein temporärer Personalaustausch sowohl im ärztlich-wissenschaftlichen als auch im nichtärztlichen versorgenden Personal (z. B. study nurses, data scientists) möglich. Vom universitären Krebszentrum organisierte Aus- und Fortbildungen im Bereich des konkreten ,,Use Cases" und der personalisierten Medizin können unter anderem GCP-Schulungen bei der Durchführung klinischer Studien, Schulungen zur Wirksamkeit von Leitlinien, Durchführung und Zielsetzung von molekularen Tumorboards für Ärzteschaft und Praxispersonal in der Onkologie beinhalten. Ziel ist die tiefergehende Vermittlung der Konzepte der Molekularen Diagnostik, der Befundinterpretation und daraus resultierenden Therapieoptionen (das heißt Grundsätze der personalisierten Medizin) im regionalen Forschungsverbund.
Die pilothafte Maßnahme in einem begrenzten geographischen Raum (Modellregion) soll die Zielerreichung und die Nachhaltigkeit der Vernetzungsmaßnahmen erproben. Wurde der Nachweis für das Funktionieren der Vernetzung in der Modellregion erbracht, sollte eine Erweiterung oder Übertragung der Maßnahmen entweder hinsichtlich der Region (bundesland- oder deutschlandweit) oder über die Forschungsfrage hinaus thematisch erfolgen; entsprechende künftige Möglichkeiten zur Skalierung und/oder thematischen Erweiterung müssen dargestellt werden. In den Projekten sollen Ideen entwickelt werden, wie der Erfolg der innovativen Vernetzungsmaßnahmen durch die Evaluation klinischer, gesundheitsökonomischer und prozesshafter Aspekte (z. B. leitliniengerechte Behandlung, Zugang zu Tumorboards, ,,patient-reported outcomes") überprüft werden könnte.
Die Vernetzung zur Untersuchung des ,,Use Cases" muss einen klaren Mehrwert für die Versorgung der Erkrankten nachweisen. Darüber hinaus muss ein dauerhafter, regionaler, selbsttragender und (in der Perspektive) nationaler Mehrwert für die Intensivierung der Vernetzung der Spitzenforschung und Krebsversorgung dargestellt werden.
Um die Bedarfsgerechtigkeit der geförderten Forschung und ihre Akzeptanz für die Bürger/Betroffenen sicherzustellen, soll die Perspektive einschlägiger Interessensgruppen aus Gesundheitswesen und Gesellschaft, allen voran der Patientinnen und Patienten, auf allen relevanten Ebenen und Prozessen von Anfang an einbezogen werden. Der aktive Einbezug verspricht einen Mehrwert zum Beispiel durch die Auswahl besonders relevanter Forschungsfragen, die Festlegung passgenauer patientenrelevanter Endpunkte/Indikatoren, die Gestaltung einer alltagstauglichen und dadurch wirksameren Patientenrekrutierung, die Entwicklung belastungsärmerer Studienprotokolle oder eine zielgerichtete, Betroffenen-orientierte Information und Aufklärung. Die Einbeziehung von Patientinnen und Patienten oder ihrer Vertretungen soll von der Formulierung der Forschungsfragen über die aktive, mitgestaltende Beteiligung am Forschungsprozess bis hin zur Verbreitung von Forschungsergebnissen reichen; insgesamt also in der höchsten, für die jeweilige Forschungsfrage sinnvollen Intensität geschehen und budgetär angemessen berücksichtigt werden.
Antragsberechtigt sind staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Als federführende Einrichtung soll in jedem Fall ein universitäres Krebszentrum mit etablierter klinischer Spitzenforschung fungieren. Zum Zeitpunkt der Auszahlung einer gewährten Zuwendung wird das Vorhandensein einer Betriebsstätte oder Niederlassung (Unternehmen) beziehungsweise einer sonstigen Einrichtung, die der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Zuwendungsempfängers dient (staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen), in Deutschland verlangt.
Das Antragsverfahren ist zweistufig angelegt.
Weitere Informationen:
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/bekanntmachungen/de/2023/01/2023-01-23-Bekanntmachung-Krebs.html