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Pilotprojekt Hebammengeleiteter Kreißsaal
Finanzierung:
Land (Sachsen-Anhalt) ;
Pilotprojektantrag Hebammen(geleiteter) Kreißsaal
im Land Sachsen-Anhalt am Universitätsklinikum Halle

(parallel identisches Projekt am St. Elisabeth KH Halle)

Präambel

Das Nationale Gesundheitsziel Gesundheit rund um die Geburt (Berlin, 2017) formuliert unter Ziel 2: "Eine physiologische Geburt wird ermöglicht und gefördert". Die Förderung einer interventionsarmen Geburt und konsekutiv die Senkung der Kaiserschnittrate ist somit eine zentrale politische Forderung, welche durch ganz aktuelle Zahlen im Land Sachsen-Anhalt konterkariert wird. Der Anteil der Kaiserschnittentbindungen hat sich in den letzten 20 Jahren im Land Sachsen-Anhalt verdoppelt. (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 5.058 Frauen (30,1 %) per Kaiserschnitt entbunden; 1995: 2.111 Kaiserschnittentbindungen (14,7 %)). Im Gegensatz zum bundesweiten Trend stieg die Kaiserschnittrate von 2014 bis 2015 in Sachsen-Anhalt um 0,5% an, während sie im Bundesdurchschnitt um 0,7% sank.
Nach Jahren des Rückgangs haben sich die Geburtenzahlen in Deutschland wieder stabilisiert und in den letzten zwei Jahren ist sogar ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Dabei finden mehr als 98% aller Geburten im Krankenhaus statt (QUAG e.V.). In den Kliniken stehen aber überwiegend die medizinische Handlungslogik und -routine im Vordergrund. Die heutige Schwangerschaftsbetreuung und die Geburtshilfe sind stark geprägt durch das risikoorientierte Konzept der Geburtsmedizin. Hierbei rücken psychologische und soziale Aspekte der Frau teilweise in den Hintergrund. Viele Frauen wünschen sich jedoch einen Mittelweg zwischen der Betreuung in einer Klinik, die auch die sofortige Erreichbarkeit einer medizinischen Notfallversorgung garantiert und der individuellen Ausgestaltung der Geburt mit einer hohen Betreuungskontinuität durch eine Hebamme ihrer Wahl, wie es bisher vor allem in der außerklinischen Geburtshilfe praktiziert wird. In der klinischen Arbeitsorganisation war bisher keine Betreuungskontinuität vorgesehen. Viele Frauen entscheiden sich für die Klinikgeburt aufgrund des Sicherheitsgefühls einer sofortigen Verfügbarkeit medizinischer Notfallversorgung. Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung in Bezug auf andere Aspekte der Geburt findet jedoch z.T. zu wenig Berücksichtigung. Daher ist es sinnvoll ein Konzept anzubieten, welches die Bedürfnisse von Schwangeren nach natürlicher Geburt und Sicherheit vereint.
Der Hebammenkreißsaal ist ein hebammengeleitetes geburtshilfliches Betreuungsmodell innerhalb einer Klinik, in dem Hebammen eigenverantwortlich Frauen ohne Schwangerschaftskomplikationen vor, während und nach der Geburt ohne ärztlichen Geburtshelfer betreuen. Es bietet demnach eine Alternative zu Hausgeburt oder Geburtshaus sowie zur herkömmlichen Arzt/Hebammen-geleiteten Geburt im Krankenhaus und richtet sich an die Zielgruppe der Frauen, die eine natürliche Geburt und damit eine geringe Interventionsrate sowie eine hohe Betreuungskontinuität für ihre Geburt anstreben. Die Förderung der Eigenständigkeit sowie die Selbst - und Mitbestimmung der Gebärenden sind wichtiger Teil des Konzepts. Der Vorteil dieses Modells liegt auch darin begründet, dass bei auftretenden Problemen während der Geburt eine schnelle Weiterleitung in die ärztliche Betreuung initiiert werden kann, ohne dass ein räumlicher oder personeller Wechsel (der Hebamme) erforderlich ist. Demnach wird auch dem Sicherheitsbedürfnis der Frau Rechnung getragen.

Im Vergleich zwischen Hebammen(geleiteten) Kreißsaal und üblichem Kreißsaal zeigt ein Forschungsprojekt der Hochschule Osnabrück interessante Ergebnisse. "Demnach erlebten Frauen, die zum Gebären in den Hebammen-Kreißsaal kamen, öfter eine Entbindung ohne medizinische Eingriffe, wie beispielsweise Einleitung, Gabe von Wehenmitteln unter der Geburt sowie Geburtsbeendigung durch Kaiserschnitt. Außerdem zeigte sich, dass das physische und psychische Wohlbefinden der Frauen, die im Hebammenkreissaal entbunden hatten, acht Wochen nach der Geburt besser war als bei Frauen, die im üblichen Kreißsaal entbunden hatten. Neben diesen Effekten belegt die Studie, dass sich Hebammen-Kreißsäle auch wirtschaftlich lohnen."
In Deutschland bieten bereits 18 Krankenhäuser die Hebammengeleitete Geburt als zusätzliches Betreuungskonzept in der Geburtshilfe an- davon keines in den neuen Bundesländern.

Um die natürliche Geburt in Deutschland weiter zu stärken sowie den Berufsstand der Hebammen und Endbindungspfleger aufzuwerten, ist es jedoch von großer Bedeutung, das Modell des hebammengeleiteten Kreißsaals auch in den neuen Bundesländern zu befördern.
Der Hebammen(geleitete) Kreißsaal am Universitätsklinikum Halle (PNZ Level I) steht den werdenden Eltern in Halle und Umgebung als zusätzliche Alternative zum bestehenden geburtshilflichen Angebot des Universitätsklinikum Halle / PNZ Level I zur Verfügung.
Ziele im Rahmen des Pilotprojektes
Im Zeitraum des Pilotprojektes von 5 Jahren sollen folgende Ziele erreicht werden:
• Ein innovatives Zusatzangebot, das die Wünsche, Anforderungen und Bedürfnisse der schwangeren Frauen berücksichtigt, ist etabliert.
• Die Förderung der physiologischen Geburt bei Frauen ohne Schwangerschaftskomplikationen verbunden mit einer Senkung der medikamentösen und operativen Interventionen (u.a. Geburtseinleitungen, Kaiserschnitt, Dammschnitt) ist systemimmanent sichergestellt.
• Eine gesteigerte Zufriedenheit und berufliche Identifikation von Hebammen und Endbindungspflegern ist dokumentiert.
• Eine engere Anbindung der Schwangeren an den Kreis der Betreuenden (Hebammen und Ärzte) und dadurch mehr Rücksichtnahme auf die Intimsphäre der Frau ist gewährleistet.
• Personalentwicklungsmaßnahmen im Hinblick auf neue Tätigkeitsbereiche des Behandlungsteams (insbesondere der Hebammen) sind installiert.
Evaluation

Die wissenschaftliche Begleitung des Modell-Pilot-Projektes Hebammen(geleiteter) Kreißsaal umfasst eine Evaluation, die aus unterschiedlichen zeitlichen und methodischen Perspektiven vorgenommen wird.

(Evaluation bezieht sich ebenso auf identisches Projekt am St. Elisabeth KH Halle)

Kooperationen im Projekt

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