Die Zahl der Menschen, die akustischen Expositionen durch Infraschall ausgesetzt sind, wächst allein schon durch die Energiewende. Dies kann zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität durch eine Reihe von Beschwerden (Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Unruhe, Migräne) führen. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass Infraschall mit dem Hörsystem wahrgenommen wird. Wie der Infraschall vom Gehör verarbeitet wird, ist noch weitestgehend ungeklärt. So ist bislang nicht klar, inwieweit die aus dem Hörschallbereich bekannten Konzepte der binauralen (das heißt beidohrigen) Wahrnehmung auf den Infraschallbereich übertragen werden können. Erkenntnisse über die binaurale Verarbeitung sind von großem Interesse, weil Umweltgeräusche in der Regel beide Ohren erreichen und das Gehirn die an beiden Ohren ankommenden Signale zu einem einheitlichen Perzept verarbeiten muss. Das Ziel des Projektes ist es, Aspekte der binauralen Wahrnehmung von Infraschall experimentell und modellhaft zu beschreiben, damit in Zukunft die Auswirkungen von Infraschall auf den Menschen besser untersucht werden können.
Zu Beginn des Projektes wird auf Grundlage eines bereits etablierten, für einohrige Beschallung ausgelegten verzerrungsarmen Infraschall-Wiedergabesystems ein binaurales Wiedergabesystem entwickelt, mit dem gleichzeitig beide Ohren mit Infraschall beschallt werden können. In Hörversuchen werden dann mithilfe dieses binauralen Wiedergabesystems Ruhehörschwellen (Infraschall ohne Störschall) und Mithörschwellen (Infraschall in Anwesenheit eines Störschalls) bestimmt. Hierbei werden die aus dem Hörschallbereich bekannte Konzepte zur binauralen Verarbeitung im Infraschallbereich getestet. Zu diesen Konzepten zählt neben einer Verbesserung der Wahrnehmung durch binaurale Darbietung (binaurale Integration) auch, dass das Gehör in der Lage ist, durch den Vergleich der beiden Ohrsignale ein Zielsignal aus einem Störgeräusch besser herauszuhören (binauraler Gewinn). Außerdem soll untersucht werden, ob Versuchspersonen auch für Infraschallreize binaurale Schwebungen wahrnehmen können, die im Hörschallbereich als weiterer Hinweis für eine spezifische binaurale Verarbeitung gesehen werden können. Für den Aspekt der binauralen Schwebungen wird neben Hörversuchen auch die elektrische Antwort des Gehirns mittels Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet. Auf Grundlage der experimentellen Ergebnisse werden Modelle zur binauralen Infraschallwahrnehmung entwickelt.
Das langfristige Ziel besteht darin, die Erkenntnisse des Projektes für den Schutz vor möglichen gesundheitlichen Schäden durch Infraschall und die adäquate Beschreibung der Emission von Infraschallquellen zu nutzen. Die Erkenntnisse werden damit sowohl für den Gesundheitsschutz allgemein als auch speziell im Hinblick auf die Energiewende (Infraschallemissionen durch Wärmepumpen, Windkraftanlagen und andere technische Anlagen) von Bedeutung sein.
Binaural infrasound perception
An increasing number of individuals are being exposed to infrasound, e.g., due to the energy transition. This can lead to a significant reduction in the quality of life due to a range of complaints (sleep disturbances, concentration disorders, restlessness, migraines). Several studies indicate that infrasound is perceived by the auditory system. How infrasound is processed by the auditory system is still largely unclear. For example, it is not yet clear to what extent the concepts of binaural perception known from the classical audible frequency range can be transferred to the infrasound perception. Insights into binaural processing are of great interest because environmental sounds usually reach both ears and the brain has to form from the signals arriving at both ears a unified percept. The goal of the project is to describe aspects of the binaural perception of infrasound experimentally and with models, so that in the future the effects of infrasound on humans can be better studied.
At the beginning of the project, a binaural reproduction system will be developed on the basis of an already established low-distortion reproduction system, which is designed for monaural infrasound reproduction. In listening tests, this binaural reproduction system is then used to determine thresholds in quiet (infrasound without background noise) and masking thresholds (infrasound in the presence of background noise). It is tested if concepts for binaural processing in the classical audible frequency range are also valid in the infrasound frequency range. These concepts include not only an improvement of perception by binaural presentation (binaural integration) but also that the auditory system is able to better detect a target signal in the presence of a noise by comparing the two ear signals (binaural unmasking). In addition, it will be investigated whether listeners can also perceive binaural beats for infrasound stimuli, which, in the classical audible frequency range, are seen as further evidence for specific binaural processing. For the aspect of binaural beats, in addition to auditory experiments, the electrical response of the brain is recorded by electroencephalography (EEG). Based on the experimental results, models of binaural infrasound perception will be developed.
The long-term goal is to use the findings of the project for the protection against possible health damages caused by infrasound and the adequate description of the emission of infrasound sources. The findings will thus be of importance both for health protection in general and specifically with regard to the energy transition (infrasound emissions from heat pumps, wind turbines, and other technical facilities).