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Genealogie der Philologie. Zur formativen Phase der Klassischen, Biblischen und Neueren Philologie (1770−1820)
Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ;
Im halben Jahrhundert von 1770 bis 1820 entsteht vor allem in Deutschland eine neue Praxis und ein neues Selbstverständnis von Philologie: philologische Seminare und neue Zeitschriften werden gegründet, die Philologie versteht sich als ‚Wissenschaft‘ und ‚Forschung‘ und beansprucht sogar mitunter, Leitwissenschaft der neuen Form der Universität zu sein. Das Projekt untersucht die Transformationen und Spannungen, die mit diesem Wandel einhergehen und das Selbstverständnis der Philologien bis heute untergründig bestimmen. Sie historisch-genealogisch sichtbar zu machen erscheint gerade angesichts der aktuellen Diskussionen über Krisen und Potentiale der Philologien vielversprechend.
Im Rückblick der jeweiligen Disziplingeschichten erscheint dieser Prozess meist recht einfach ‚Verwissenschaftlichung‘ und damit als Schritt von einer alten Phase bloßer ‚Gelehrsamkeit‘ zur modernen Philologie. Tatsächlich ist der Prozess aber schon deshalb komplexer, weil es hier nicht eine, sondern mehrere Geschichten gibt: die Gründung der klassischen Philologie etwa steht nicht einfach nur neben derjenigen der orientalischen, biblischen, jüdischen und neueren Philologien, diese sind auch vielfach ineinander verschlungen. Denn die jeweiligen ‚Felder‘ der einzelnen philologischen Disziplinen werden immer auch durch Übernahmen und Abgrenzungen von den anderen abgesteckt, die man mitlesen muss. Auch sonst gehen die Philologien in ihrer Wissenschaftlichkeit nicht auf. Die neuen Philologien erfinden sich immer auch mit Beziehung auf ihre ‚höheren‘ Zwecke wie ‚Bildung‘, ‚Kunst‘, ‚Persönlichkeit‘ oder ‚Nation‘. Sie greifen die alten rhetorischen Traditionen auf und lassen sie in ihre Selbstbeschreibungen einfließen, vermischen also die Sprache des Untersuchten und den eigenen Diskurs miteinander. Ihren Tendenzen zur Historisierung ihrer Gegenstände stehen ebenso starke und ebenso komplexe zu dessen Kanonisierung gegenüber. Schließlich wandelt sich um 1800 auch radikal, was ‚Wissenschaft‘ bedeutet, und die Philologie nimmt an diesem Prozess nicht nur teil, sondern treibt ihn wesentlich an.
Philologie hat also keine einfache Ahnenreihe, sondern eine komplizierte Familiengeschichte; ihre formative Phase ist weniger ein klarer Übergang als Zone der Unbestimmtheit, weniger ein Bruch als eine Schwelle. Unsere Untersuchung geht daher genealogisch: Sie versteht die Philologie und die Philologien als Gegenstand immer neuer Interpretationen und Umbesetzungen und sucht nicht nach dem einen methodischen Kern, sondern nach vielen, oft überdeterminierten und prekären Entwürfen, die sich oft an den Rändern finden. in exzentrischen Figuren, in ‚Roads not taken‘, in Anekdoten und Erfindungen ebenso wie in den konkreten Verfahren und den mit diesen verbundenen Hintergrundannahmen. Dieses breite Feld der Philologien nicht einfach nur historisch zu rekonstruieren, sondern selbst philologisch sichtbar zu machen, ist Ziel des Projektes.
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