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Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit (SPP 2130)
Termin:
28.10.2020
Fördergeber:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Programmziel ist die interdisziplinäre Erschließung der epochalen Bedeutung von Konzepten und Praktiken des Übersetzens als zentrale und ubiquitäre Kulturtechnik der Frühen Neuzeit (1450-1800).

Die europäischen Übersetzungskulturen wurzeln stark im philologischen Selbstverständnis der Humanisten, werden durch den Buchdruck befördert und greifen von der Antikenrezeption im Kontext einer zunehmenden Internationalisierung auf andere Wissensfelder über. Sprachliche, literarische und mediale Übersetzungsbewegungen bedingen sich gegenseitig und entfalten in ihrer permanenten Wechselseitigkeit eine kulturelle Dynamik. In der Folge wachsender Handelsbeziehungen kommt es zu einer europaweiten Intensivierung und Professionalisierung des Übersetzens. Diese wird gerade durch die potenzierte Mehrsprachigkeit und Territorialität im europäischen Raum beflügelt, strahlt über die kolonialen Wechselströme der Frühen Neuzeit weltweit aus und tritt dort in Interaktion zu eigenständigen Übersetzungskulturen, was zu globalen Rückkopplungen innerhalb Europas führt.

Das Schwerpunktprogramm fragt nach den gesellschaftlichen Leitvorstellungen, Wahrnehmungsmustern und Kommunikationsformen, die seit dem 15. Jahrhundert durch Praktiken des Übersetzens etabliert werden und bis in die Gegenwart von prägender Bedeutung sind. Es lädt dazu ein, sich mit den Problemen, Chancen und Konsequenzen verschiedener Formen der - auch kulturellen - Übersetzung in einer frühen Phase der Globalisierung auseinanderzusetzen und im Rückgriff auf den aktuellen translational turn eine Neuorientierung der Kulturwissenschaften vorzunehmen.

In dieser zweiten Förderphase sollen verstärkt globale Zusammenhänge sowie regionale Besonderheiten untersucht und sowohl raum- als auch zeitspezifische Übersetzungskriterien einer kritischen Revision unterzogen werden. Die These von der Profilierung der Frühen Neuzeit als einer durch Translationsverfahren geprägten Epoche soll überprüft werden, indem die Praktiken des Übersetzens aus einer interkulturellen, transeuropäischen und postkolonialen Perspektive neu bewertet werden. Ergänzend zu den Projekten der ersten Förderphase sind Anträge mit einem zeitlichen Fokus auf das 15. und 16. Jahrhundert oder einem räumlichen Fokus auf Osteuropa, Nordamerika und den afrikanischen Kontinent besonders erwünscht.

Zentrale Aspekte der frühneuzeitlichen Übersetzungskulturen können in drei Sektionen systematisch erarbeitet werden: Die erste Sektion ,,Zeichensysteme und mediale Transformationen" widmet sich dem Zusammenhang von Übersetzung und Sprachreflexion, der Übersetzungstheorie, Semiotik- und Mediengeschichte. Die zweite Sektion ,,Anthropologie und Wissen" untersucht die im Übersetzungsprozess verhandelten Menschen- und Geschlechterbilder, die Machtbeziehungen, sozialen Strukturen und epistemischen Ordnungen. Die dritte Sektion ,,Kulturelle Zugehörigkeiten und Gesellschaft" fokussiert inter- und transkulturelle Übersetzungsphänomene, die aus raumübergreifenden und in vielen Fällen performativ hergestellten Kulturkontakten wie ritualisierten Begegnungen resultieren.

Ansprechpartnerin für inhaltliche Fragen ist Prof. Regina Toepfer (Tel.: +49 531 391-8650, E-Mail: r.toepfer@tu-braunschweig.de

Weitere Informationen:
https://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/2020/info_wissenschaft_20_35/
https://www.spp2130.de/