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Digitale Geosysteme: Virtuelle Methoden und digitale Werkzeuge für geowissenschaftliche Anwendungen
Termin:
06.06.2023
Fördergeber:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Gegenstand der Förderung sind Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, welche in mindestens einem der drei folgenden Themenfelder (TF) verortet sind: Methodische (I) und softwaretechnische (II) Entwicklungen sowie Demonstration in verschiedenen geowissenschaftlichen Anwendungen (III). Eine Verknüpfung von Themenfeldern in einem Vorhaben ist erwünscht. Dabei sind insbesondere die zu den Themenfeldern aufgeführten Aspekte der Digitalisierung von Geosystemen zu berücksichtigen.
Themenfeld 1: Methodenentwicklung
Der Erfolg des Digitalisierungsprozesses hängt insbesondere von einer adäquaten Methodenentwicklung ab. Geosysteme zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die zu beschreibenden Teilprozesse auf unterschiedlichen Skalen in Raum und Zeit sowie auf unterschiedlichen semantischen Ebenen miteinander interagieren. Dabei geht es zum einen um die Weiterentwicklung von datengetriebenen und prozessbasierten Methoden für eine nahtlose Daten- und Modellintegration multiphysikalischer Prozessbeschreibungen auf verschiedenen Skalen. Zum anderen soll das Potenzial der modernen Datenwissenschaften (Data Science), wie zum Beispiel neue Konzepte für intelligente, adaptive Modellkopplungen, maschinelles Lernen für effiziente Ersatzmodelle und Virtuelle Realitäten gezielt für eine neue Generation geowissenschaftlicher Modelle genutzt werden.
- Datenbasierte Methoden: Datenassimilationsmethoden, die unterschiedliche Beobachtungen und Messreihen in Modelle unter Berücksichtigung der Mess- und Modellunsicherheit integrieren, sollen eingesetzt und weiterentwickelt werden. Das Ziel ist dabei, Modelle und deren Vorhersagen zu verbessern und Vorhersageunsicherheiten zu reduzieren. Insbesondere zur Darstellung von Modellfehlern und effizienter Ersatzmodelle sollen dabei auch Methoden des maschinellen Lernens verwendet werden.
- Unsicherheitsanalyse: Optimierung und Entwicklung von effektiven Verfahren zur Evaluation von Ungewissheiten in Modellierungsresultaten und deren Abhängigkeit von zugrundeliegenden Eingangsdaten (zum Beispiel Geometrien, Materialeigenschaften oder Randbedingungen), die in geowissenschaftlichen Fragestellungen oft nur bis zu einem gewissen Grad bekannt sind.
- Multisemantische Modellkopplung: Die Kapselung von Partialmodellen mittels eines Multi-Agenten-Systems (MAS) erlaubt die teilautomatisierte Detektion möglicher Kopplungen zwischen den Partialmodellen in unterschiedlicher Form (ereignisgetrieben oder stochastisch) sowie die Implementierung einer zentralen Steuerung eines hochgradig verteilten virtuellen Simulationsraumes als digitalem Zwilling.
- Virtuelle und erweiterte Realitäten (VR/AR): Zur visuellen Daten- und Modellintegration sowie der Exploration von großen/heterogenen Datenbeständen, der Darstellung von gekoppelten Prozessen in komplexen Geosystemen, aber auch zur verständlichen Darstellung für die Öffentlichkeit werden innovative VR-Methoden benötigt. Diese sollen um eine Darstellung mittels Augmented Reality (AR) in situ ergänzt werden (interaktive Überlagerung von gemessenen und modellierten Daten).
Themenfeld 2: Digitale Werkzeuge
Das zweite Themenfeld widmet sich der Entwicklung und gezielten Einführung von digitalen Werkzeugen als wesentliche informationstechnische Komponente für eine Beschleunigung der Digitalisierung in den Geowissenschaften. Dabei sollen insbesondere Technologien für Systemlösungen entwickelt und bereitgestellt werden. Dazu gehören modulare Softwaresysteme, die eine nahtlose Verknüpfung der typischen Simulationsschritte in Workflows ermöglichen sowie das Konzept der digitalen Zwillinge im Sinne virtueller Labore für zukünftige Szenarien von Potenzialen und Grenzen geowissenschaftlicher Applikationen. Das Themenfeld der digitalen Werkzeuge soll die Brücke von den methodischen Entwicklungen (TF1) zu den geowissenschaftlichen Anwendungen (TF3) schlagen - unter den Maßgaben einer universellen Nutzbarkeit, Kontinuität in der Softwareentwicklung und Recheneffizienz auf modernen Hardwarearchitekturen.
Composable Softwaretools: Modulare Softwaresysteme (zum Beispiel auf der Basis von Julia oder Python) sollen entwickelt werden, um essenzielle Bausteine der numerischen Modellierung in Arbeitsabläufen nahtlos miteinander zu verbinden. Diese neuartigen Werkzeuge sind mit speziellem Fokus auf universale Nutzbarkeit und numerische Effizienz zu entwickeln, testen und dokumentieren. Damit soll die Vergleichbarkeit und Verknüpfung von prozess- und datenbasierten Lösungsverfahren für geowissenschaftliche Applikationen ermöglicht werden.
Arbeitsabläufe (Workflows): Für die nahtlose Verknüpfung von Informationen von der Datenerhebung, der geeigneten Modellauswahl einschließlich der Parametrisierung, über eine daten- und/oder prozessbasierte Simulation bis hin zur Daten- und Modellanalyse müssen entsprechende Arbeitsabläufe implementiert werden.
Digitale Zwillinge: Mit den entwickelten Methoden und Werkzeugen sollen virtuelle Labore geschaffen werden, mit denen auf einer ausreichenden und ständig zu erweiternden Datenbasis Varianten und zukünftige Szenarien für ausgewählte geowissenschaftliche Anwendungen erprobt werden können.
Themenfeld 3: Geowissenschaftliche Anwendungen
Im dritten Themenfeld sollen Methodik (TF1) und die entwickelten Werkzeuge (TF2) für ausgewählte geowissenschaftliche Fragestellungen schwerpunktmäßig im Kontext der Energiewende angewendet werden. Dabei geht es prinzipiell um alle Bestandteile einer Wertschöpfungskette, wie die Erschließung und Nutzung von Georessourcen, den Transport und Energietransfer, die geologische Energie- und Massenspeicherung, untertägige Energieumwandlung und die Transformation von Bergbaufolgelandschaften. Anhand gezielt ausgewählter geowissenschaftlicher Anwendungen sollen die entwickelten Methoden und Werkzeuge, insbesondere auch im methodischen Austausch der Projektverbünde, validiert und demonstriert werden. Die möglichen Anwendungsfelder besitzen dabei komplementäre Anforderungen, um eine breite Entwicklung von Methodik und notwendigen digitalen Werkzeugen zu erreichen.
Geothermische Systeme: Zur ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Nutzung geothermischer Systeme, insbesondere im urbanen Raum, sollen ganzheitliche Konzepte und Arbeitsabläufe für eine konsistente Zusammenführung umfangreicher (auch energetischer) und heterogener Daten unterschiedlicher Charakteristiken mit dynamischen Prognosemodellen und der Visualisierung entwickelt sowie auf der Grundlage von Daten bestehender Demonstrationsstandorte validiert werden.
Bergbaufolgelandschaften: Digitale Abbilder dieser oberflächennahen Geosysteme im Wandel sollen ganzheitliche Arbeitsabläufe unter Verwendung überwiegend heterogener Datenquellen, geokinematischer, geophysikalischer, geochemischer und geotechnischer Modelle sowie Ansätze zur zielgruppenspezifischen Visualisierung und Kommunikation demonstrieren und somit neue Möglichkeiten in der Überwachung, Sanierung und Nachnutzung eröffnen.
Energiespeicherung: Durch die Digitalisierung tieferer geologischer Speicherstrukturen sollen die Möglichkeiten und Kapazitäten zur Speicherung von Energie (zum Beispiel Druckluft, Wärme, Wasserstoff) weiter eruiert werden. Hierbei können digitale Zwillinge zum Einsatz kommen, um die multiphysikalischen und geochemischen, wechselwirkenden Prozesse im Geosystem zu modellieren, zu validieren und im geologischen Kontext darzustellen.
Bei entsprechender Eignung des Vorhabens können projektbezogene Standardisierungs- und Normungsaktivitäten (beispielsweise DIN SPEC) gefördert werden.
Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Einrichtungen der Kommunen und Länder sowie Verbände und weitere gesellschaftliche Organisationen (wie zum Beispiel Stiftungen und Vereine). Zum Zeitpunkt der Auszahlung einer gewährten Zuwendung wird das Vorhandensein einer Betriebsstätte oder Niederlassung (Unternehmen) beziehungsweise einer sonstigen Einrichtung, die der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Zuwendungsempfängers dient (Hochschule, Forschungseinrichtung, Einrichtungen der Kommunen und Länder, Verbände, gesellschaftliche Organisationen), in Deutschland verlangt.
Das Verfahren ist zweistufig angelegt.
Weitere Informationen:
https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/bekanntmachungen/de/2022/11/2022-11-28-Bekanntmachung-Digitale-Geosysteme.html