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Konflikte, Moral Distress und Moral Agency in der schulbezogenen Sozialen Arbeit: das Beispiel der sachsen-anhälterischen Schulsozialarbeit und Hortbetreuung im Grundschulbereich (Arbeitstitel Habilprojekt)
Finanzierung:
Haushalt;
Die zunehmende Angliederung sozialer Arbeit an Schule, die zugleich mit bestimmten Kooperationserwartungen zwischen der Schule und den jeweiligen Sozialen Diensten verknüpft sind, positioniert die SozialarbeiterInnen in ein oftmals ambivalentes, konfliktreiches Verhältnis zur Institution Schule. Diese Konflikte und Ambivalenzen dieser Sozialpädagogisierung der Schule wurden bereits vielfach in der Schulsozialarbeitsliteratur bzw. der weiteren Literatur zur Kooperation von Schule und der Jugendhilfe herausarbeitet (mit einem sozialpädagogischen und vielfach auf das Gelingen konzentrierenden Fokus). Konflikte werden dabei zunehmend als "Normalfall" multiprofessionellen Handelns bezeichnet (Fabel-Lamla et al. 2019, S. 109); dennoch hat eine eigenständige Betrachtung der Konflikte selbst, in ihrer innerlichen und äußerlichen Natur, in ihrer Genese und Entwicklung sowie in ihrem individuellen und kollektiven Umgang bislang wenig stattgefunden (vgl. Fabel-Lamla et al. 2019). Zugleich ist die moralisch-ethische Belastungsdimension (engl.: Moral Distress) in der ambivalenten, konfliktreichen Kooperation zwischen Schule und Sozialer Arbeit sowie deren Bewältigung durch die Herstellung von Moralischer Handlungsfähigkeit (engl.: Moral Agency) und Integrität - auch in ihren Konsequenzen für die pädagogische Arbeit - bislang noch nicht systematisch erforscht worden. (Unter Moral Distress werden Konflikte und Belastungen verstanden, die auftreten, wenn Akteure aufgrund innerer und äußerer Umstände davon abgehalten werden, in einer ihren Überzeugungen nach moralisch angemessenen Weise zu handeln [z.B. Ulich/Grady 2018]). Diese menschliche Erlebens- und Bewältigungsseite dieser schwierigen Kooperationen bildet jedoch möglicherweise einen hoch relevanten Fokus für die Weiterentwicklung des Kooperationsdiskurses wie auch für die zunehmend reflexive Steuerung kommunaler Bildungslandschaften.

Vor diesem Hintergrund sieht das Projektvorhaben vor, zwei Handlungsfelder der schulbezogenen Sozialarbeit kontrastiv-vergleichend genauer in den Blick zu nehmen: (1) Das Feld der Schulsozialarbeit als ein bereit gut exploriertes Handlungsfeld, in dem es auch schon erste Vorarbeiten zum Thema Moral Distress gibt (Baumgarten i.A.) und welches direkt, mit einem Hierarchiegefälle verbunden, in die Organisation Schule eingelagert ist; sowie (2) die Ganztagsbetreuung im Primarbereich des ostdeutschen Horts - ein noch sehr wenig beforschtes Handlungsfeld, indem bislang vergleichsweise spärlich Erkenntnisse zu Konflikten vorliegen und das eine organisationale Eigenständigkeit mit Blick auf Schule aufweist, sich aber im Zuge der Ganztagsschulentwicklung zunehmend implizit an schulischen Erwartungen orientiert (Markert 2017). In beiden Feldern der schulbezogenen Sozialarbeit sollen die oben genannten Aspekte mittels ethnografischer Erkundungen zunächst in zwei Fallkonstellationen exploriert werden - und zwar sowohl aus Hort- bzw. Schulsozialarbeitersicht als auch aus Schulleitungssicht. Zwei weitere Fälle werden dann wiederum kontrastiv hinzugezogen, um eine möglichst große Bandbreite an Erfahrungen einzubeziehen.

Da das international verbreitete, aber in der deutschen Sozial- und Schulpädagogik bislang noch nicht etablierte Konzept des Moral Distress noch vergleichsweise wenig sozialtheoretisch untermauert ist, findet dafür als theoretisch-methodologischen ersten Schritt eine subjekttheoretische Weiterentwicklung dieser Idee statt. Diese lokalisiert das Phänomen auf der Ebene der kollektiven Subjektivierungsprozesse (Schmachtel, im Erscheinen) und ermöglicht damit einen Anschluss an sowohl diskurstheoretische als auch politökonomische Überlegungen.

Literatur

Fabel-Lamla, Melanie/ Lux, Anna-Lena/ Schäfer, Anja/ Schilling, Carina: Multiprofessionalität und Konflikt. In: Karic, S./ Heyer, L./ Hollweg, C./ Maack, L. (Hrsg.): Multiprofessionalität weiterdenken: Dinge, Adressat*innen, Konzepte. Weinheim/ Basel: Beltz Juventa 2019, S. 100-124.

Schmachtel, Stefanie (im Ersch.): (Un)Wohlbefinden im Spiegel der kollektiven Subjektivierung: ein kritischer Ansatz zur schulischen Gesundheitsforschung am Beispiel von Schulleitungen. In: Engel, J.; Epp, A.; Lipkina, J.; Schinkel, S.; Wischmann, A. (Hrsg.): Gesellschaftlicher Wandel und die Entwicklung neuer Forschungsmethodologien. Leverkusen; Opladen: Budrich Uni Press.

Ulrich, Connie M., and Christine Grady. Moral distress in the health professions. Springer International Publishing:, 2018.
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