Untersuchungen zur Bedeutung zweier Renaissance-Drucke für die Textgestaltung von Ovids epistulae Heroidum

Die editiones Tarvisiana und Parmensis des späten 15. Jahrhunderts haben in den letzten Jahren vor allem als älteste Textzeugen der sogenannten Sabinus-Briefe das philologische Interesse geweckt. Diese drei Briefe geben sich als fiktive Antworten dreier Heroen der griechischen Mythologie auf die entsprechenden Briefe dreier Heroinen in Ovids epistulae Heroidum. Umstritten ist, ob ihr Autor ein von Ovid selbst erwähnter Antwortschreiber namens Sabinus ist - ob es sich mithin um antike Dichtungen handelt - oder ob diese Briefe aus der Feder des Renaissance-Autors Angelo Sabino stammen.
Weniger Interesse hat dagegen der Umstand gefunden, daß die beiden genannten Frühdrucke wichtige, teilweise sogar alleinige Textzeugen für weitere in ihrer Echtheit seit langem umstrittene Passagen der ovidischen Epistulae Heroidum sind. Hierzu gehören umfangreiche Partien aus den sogenannten Doppelbriefen, aber auch ein Teil der Eingangsdistichia sowie weitere "Versüberschüsse" gegenüber der Hauptüberlieferung der Heroides. Im Projekt werden diese Passagen und die Frage ihrer Zugehörigkeit zum Corpus der epistulae Heroidum einer erneuten text- und echtheitskritischen Analyse unterzogen.