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Erinnern, Vergessen, Imaginieren: Identitätsstrategien in Mayotte
Projektleiter:
Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ;
Das Projekt hat zum Ziel, Strategien der Bewohner Mayottes zu analysieren, die ihre komorische Identität weitestgehend zugunsten einer französischen verleugnen. Nach einer Volksabstimmung wurde die komorische Insel Mayotte 2011 ein französisches Département. Dies war der Höhepunkt eines politischen Prozesses, der während der späten Kolonialzeit mit dem Vorwurf der politischen und wirtschaftlichen Beherrschung durch andere Inseln begann. Insbesondere durch die Verlegung des Sitzes der Kolonialverwaltung von Mayotte nach Ngazidja 1962 wurde dieser Vorwurf genährt, gefolgt von der Weigerung Mayottes, den unabhängigen Komoren 1975 beizutreten. Obwohl soziale und historische Hinweise nahelegen, dass die Mehrheit der Mahorer von Einwanderern anderer Inseln abstammt, zeigen sie oft tiefe Feindseligkeit gegenüber Bewohnern dieser Inseln, insbesondere der Nachbarinsel Ndzuani, und lehnen jede Gemeinsamkeit ab. Das Projekt untersucht, wie die Kategorie "Mahorer" ausdrücklich nicht als eine Art "Komorer" konstruiert wird, sondern als Gegensatz zu diesen. Dies geschieht zum einen durch den Anspruch auf Französisch-Sein als auch durch die Betonung des madegassischen oder kreolischen Charakters der mahorischen Gesellschaft. Das Projekt analysiert, wie individuelle und kollektive Erinnerungen der Zugehörigkeit konstruiert und erzählt werden und wie Erinnerung an "Fremd-Sein" ausgelöscht wird. Der Anspruch auf Französisch-Sein ist mit tiefgreifenden sozialen und kulturellen Veränderungen verbunden: Französisches Zivilrecht ersetzt das bisher angewandte Gewohnheits- und islamische Recht, traditionelle Systeme von Grundbesitz wurden abgeschafft, und die Bewohner Mayottes sind verpflichtet, Familiennamen anzunehmen. Das Projekt geht den Widersprüchen nach, die der gleichzeitigen Ablehnung der komorischen Identität und dem Bedauern über den Verlust traditioneller Praktiken innewohnen. Es wirft die Frage auf, ob der Widerstand gegen sozialen und kulturellen Wandel mit der Ablehnung der zugehörigen Identität in Einklang gebracht werden kann. Grundlage der Analyse sind Feldforschungen in Mayotte. Identitätsnarrative und -diskurse der Mahorer und anderer Komorer werden in städtischen und ländlichen Kontexten, bei Eliten wie Subalternen untersucht. Dabei werden auch qualitative Daten von Kontinentalfranzosen in Mayotte erhoben, welche zunehmend für die Konstruktion eines exotischen "Anderen" und die negative Wahrnehmung der Komorer eine wichtige Rolle spielen. Zusätzliche Feldforschungen auf der Nachbarinsel Ndzuani ermöglichen es, einen weiteren wichtigen Kontext der Identitätskonstruktionen der Mahorer zu erfassen. Die Forschungsperspektiven Erinnerung, Narrative und Praxis erlauben eine synthetische Analyse der Identitätsdiskurse in Mayotte. Das Projekt liefert somit einen Beitrag zur Identitäts- und Erinnerungsethnologie, zu Identitätsdebatten in Mayotte sowie einen ethnographischen Beitrag zu komorischen Studien.
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