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Digitalisierung und Langzeitarchivierung der Bonner Längsschnittstudie des Alterns (BOLSA). Die interdisziplinäre Nachnutzung einer psychologischen Altstudie
Projektleiter:
Projektbearbeiter:
von Prof. Dr. Christina Hodenberg
Finanzierung:
Volkswagen Stiftung ;
Forschungsdaten: Dieser Rohstoff des digitalen Zeitalters ist momentan in aller Munde. Es entstehen für digitale Daten Repositorien der Langzeitarchivierung. Forscher und Forscherinnen wollen oder sollen zukünftig Daten veröffentlichen und damit einer breiten, transdisziplinären Nachnutzung zur Verfügung stellen. In dieser Hinsicht werden momentan große Bemühungen durch die Wissenschaft und Politik vorgenommen.
In den Kellern vieler Forschungseinrichtungen lagern ebenfalls solche Daten. Allerdings befinden sie sich häufig in einem Dornröschenschlaf, da sie aus Akten, Tonbändern, Notizen oder anderen Medien bestehen, die heute nicht mehr immer ohne weiteres les- und verstehbar sind. Bei ihrer Suche nach Studien zur Altersforschung stieß die Historikerin Christina von Hodenberg im Jahr 2014 auf einen solchen Bestand: die Akten und Tonbänder der Bonner Längsschnittstudie des Alterns (BOLSA).

Fast zwanzig Jahre lang, von 1965 bis 1984, erforschte ein Team um Prof. Dr. Hans Thomae und Prof. Dr. Ursula Lehr Fragen des Alterns und von Alternsprozessen. Dieser Ansatz war 1964/65 innovativ.Längsschnittstudien führte man vornehmlich mit jungen Menschen durch. Thomae und Lehr übertrugen das Modell jedoch in die Altersforschung und initiierten damit eine der bedeutensten Längsschnittstudien überhaupt.
Im Mittelpunkt standen psychologische Forschungsthemen zur Analyse erfolgreicher Formen des Alterns und von Faktoren der Langlebigkeit. Ursprünglich integrierte die Studie insgesamt 222 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Ausgewählt wurden zu fast gleichen Teilen Frauen und Männer aus zwei Alterskohorten der zwischen 1880-1885 sowie 1900-1905 Geborenen. Während sich die erste Alterskohorte zu Beginn der Studie bereits im Ruhestand befand, stand die zweite kurz vor dem Eintritt in das Rentenalter (Thomae/Lehr 1987, 7). Beide Gruppen hatten entweder als Kinder oder junge Erwachsene den ersten Weltkrieg und als handelnde Generation den zweiten Weltkrieg erlebt. Gezielt wurden nicht nur auch Frauen in die Stichprobe einbezogen - 1964 gehörte dies noch nicht zwangsläufig zum Standard - sondern vor allem Menschen aus den unteren Mittelschichten gefunden.

Die Resultate des großen, interdisziplinär angelegten Forscherteams überzeugten nicht nur die Wissenschaft, sondern gleichermaßen die Probanden wie Drittmittelgeber. Die an der BOLSA beteiligten Forscher wurden Vorreiter der neu entstehenden Disziplin der Psycho- und Sozialgerontologie in Westdeutschland. Es gelang ihnen, sich nach dem zunächst geplanten fünfjährigen Forschungszyklus großzügige Förderungen von Seiten der VW-Stiftung und der DFG zu sichern, sodass 81 der ursprünglich 222 Teilnehmer und Teilnehmerinnen dieser Studie über einen Zeitraum von 15 Jahren befragt werden konnten. Immerhin noch 34 Probanden nahmen am letzten der acht Untersuchungszyklen nach 20 Jahren teil (Thomae/Lehr 1987, 7f.).
Nach der breiten Auswertung der Ergebnisse bis in die 1990er Jahre und dem eigenen Ruhrestand vieler Forschenden geriet der Bestand allmählich in Vergessenheit. Es ist kein Zufall, dass jetzt vor allem Historikerinnen den Bestand "wiederentdeckten". Mittlerweile ist die BOLSA selbst zu einer Quelle der Zeitgeschichte geworden, legten hier doch Generationen Zeugnis ab, die beide Weltkriege und die Nachkriegszeit bewusst erlebt hatten.

Es ist der Sprung über die Grenzen der eigenen Fachdisziplin, der dem Altbestand der psychologischen Forschung auch heute zu einem hohen Forschungspotential verhilft. Für Sprachwissenschaftler, Soziologen, Demografen, Historiker, Mediziner etc. bietet die BOLSA eine Fülle von Quellen und Daten an, der gegen den Strich (also den ursprünglichen Verwendungszweck) gebürstet, neue Forschungsthemen und Einsichten verspricht.
Mittlerweile wurde der gesamte Forschungsdatenbestand in das Historische Datenzentrum Sachsen-Anhalt überführt. Der Bestand wurde verzeichnet, signiert und zur Digitalisierung kollationiert. Ebenso konnte das Datenzentrum die datenschutzrechtlichen Aspekte zur Digitalisierung und Bereitstellung der Forschungsdaten klären. Momentan wird der Bestand digitalisiert und anschließend in einem Forschungsdatenportal mit verteilten Ressourcen der Wissenschaft zugänglich gemacht.
Wir danken der VW-Stiftung herzlich für die Förderung, welche die Digitalisierung und Bereitstellung von ca. 3.600 Stunden Tonbandaufzeichnungen und ca. 40 m laufenden Akten ermöglicht. Die Bereitstellung der Audiodokumente erfolgt in Kooperation mit dem "Archiv für Gesprochenes Deutsch". Die Verknüpfung der verteilten Ressourcen sowie die Zusammenführung in einer geschützten Datenumgebung wird über das Servicezentrum eSciences (FuD) gewährleistet.
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