Vortragswesen und Volksaufklärung in den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts
Projektleiter:
Projektbearbeiter:
Sabine Schindler
Finanzierung:
Stiftungen - Sonstige;
Das Projekt untersucht am Beispiel der "public lecture circuits" die Transformation und wechselseitige Beeinflussung von Wissen, Religion, Kollektiv und Individuum in den USA des 19. Jahrhunderts. Die aufklärerischen Impulse der amerikanischen Revolution brachten im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zahlreiche, zumeist von privater Hand initiierte Organisationen hervor. Diese betrieben unter Rückgriff auf Jeffersons Vision einer aufgeklärten Bürgerschaft als Rückgrat einer demokratisch verfassten Republik und auf das Ideal der diesseitigen Perfektionierbarkeit des Menschen die Bildung, Erbauung und auch Unterhaltung breiterer Gesellschaftsschichten (Societies for the Diffusion of Useful Knowledge; ab 1826 Lyceum Movement, ab 1874 Chautauqua). In den Vortragssälen Amerikas erfolgte nicht nur die Demokratisierung von Wissen, sondern auch die Popularisierung emanzipatorischer Diskurse (Anti-Sklaverei Bewegung, Frauenbewegung) und die Verbreitung regressiver (z.B. antidarwinistischer oder nativistischer) oder psychologistischer Wirklichkeitsdeutungen (mind cure, mental health). Auf den Podien wurden moralische und religiöse Prinzipien artikuliert, die insbesondere den Wertekanon, die Normen und Verhaltensstandards einer sich ökonomisch konsolidierenden, in ihrer Identität jedoch noch unsicheren Mittelschicht begründeten. In den Rationalitäts-, Religions- und Verhaltensdiskursen der amerikanischen Vortragskultur spiegeln sich die komplexen Mechanismen der kollektiven Identitätsfindung wider, die um die Jahrhundertwende zunehmend professionalisierte, kommerzialisierte, individualisierte und psychologisierte Züge trägt. So ergibt sich ein Spannungsverhältnis, und zuweilen eine Symbiose, zwischen religiös-moralischen Diskursen einerseits und säkularen, verwissenschaftlichten Erfolgs- und Persönlichkeitsdiskursen andererseits.
Schlagworte
Kollektive Identität, Kultur- und Ideengeschichte, Mentalitäten
Kontakt
Prof. Dr. Hans-Jürgen Grabbe
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Institut für Anglistik und Amerikanistik
Adam-Kuckhoff-Str. 35
06108
Halle (Saale)
Tel.:+49 345 5523520
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