Reisen und Religion im (langen) 18. Jahrhundert VI. Internationaler Kongress für Pietismusforschung
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Reisen und Religion in ihren unterschiedlich gestalteten Verhältnissen
im langen 18. Jahrhundert zum Gegenstand des VI. Internationalen Kongresses für
Pietismusforschung zu machen, hatte noch vor gewichtigen inhaltlichen Gründen zunächst
eine schlichte sprachgeschichtliche Anregung: Religion und Reise bzw. Reisen verweisen mit
ihren lateinischen sowie alt- und mittelhochdeutschen Etymologien auf Bewegungspraktiken
und -richtungen in Raum und Zeit, zwischen Abkunft und Ankunft, Lösen und Binden,
Steigen und Fallen. In religiösen Darstellungs- und Deutungskontexten werden das Leben des
Menschen als eine Reise und der Mensch als ein Reisender beschrieben, was die aus der
heidnischen Antike hergenommene, christlich eingebürgerte Formel vom homo viator anzeigt.
Der Kongress hat nach Religion und Reisen in ihren besonderen Verbindungen während des
langen 18. Jahrhunderts als Zeitraum eines vielgestaltigen Aufbruches in neue Räume, zu
neuen Naturen und Kulturen gefragt. Zu den dabei treibenden, dynamischen und
dynamisierenden, Kräften gehörte dabei im Alten Reich eine reformorientierte
Frömmigkeitsbewegung, für die sich historiographisch die Bezeichnung Pietismus
eingebürgert hat, die kritisch wie zustimmend bereits unter den Zeitgenossen kursierte und
aus heutiger Perspektive heterogene protestantische Reformbewegungen seit der Frühen
Neuzeit umfasst. Die Weitung des Bezugsfeldes, in dem der Kongress Reisen im langen 18.
Jahrhundert thematisiert hat, zur Religion verdankte sich der Absicht, die vielfältigen
interkonfessionellen und interreligiösen Überschneidungen über den engeren Rahmen
pietistischer Zuschreibungen hinaus in den Blick zu nehmen. Die Reiseforschung hat sich in
den letzten Jahrzehnten stark entwickelt und in unterschiedlichen Zugängen ausdifferenziert.
Die Arbeiten von Urs Bitterli stehen im deutschen Sprachraum beispielhaft für die
kulturanthropologische Richtung, die sich in historischer Dimension ausfächert. So betonen
die Erforschung des Kulturtransfers und der Geschichte internationaler Beziehungen die
Bedeutung des Reisens als zentralen kulturellen und politischen Faktor, wobei der Übergang
zur Geschichte der europäischen Expansion und Entdeckungen fließend sei. In diesen Kontext
sind auch die transnationalen Studien einzuordnen, die auf Reiseberichte als Quellen
zurückgreifen. Die Literaturgeschichte hat sich des Reisens und der Reiseberichte seit
Längeren angenommen und bildet eine ganz eigene Forschungstradition. Im Zuge des
material turn in den Kulturwissenschaften finden sich auch ansatzweise Forschungen zur
Materialität des Reisens, die in Praktiken und im Transfer von Objekten vom Ziel der Reisen
nach Europa greifbar wird. Direkten Anschluss fand die Kongressthematik vor allem bei
Detailanalysen, wie bei der Frage nach der Kommunikation von christlicher Mission in ihren
Zielgebieten oder bei der Analyse von Veränderungen im Englandbild durch Reisen. Mit der
orientierenden Rahmung durch das Feld Religion und dabei der Fokussierung auf den
Pietismus bzw. auf die verschiedenen Pietismen im 18. Jahrhundert hat der Kongress
erweiternd und vertiefend einen Impuls aufgenommen, den die Franckeschen Stiftungen 2018
mit der Ausstellung und dem Katalog Durch die Welt im Auftrag des Herrn. Reisen von
Pietisten im 18. Jahrhundert gegeben haben. Entsprechend sind die Franckeschen Stiftungen
als Mitveranstalter in Erscheinung getreten. Gleichwohl sollte es hier nur schwerpunktmäßig
um reisende Pietisten bzw. Reisen des oder im Pietismus gehen. Die angesprochene
Ausweitung und Referenzierung auf das Feld Religion war sowohl dem interdisziplinären
Zuschnitt des Kongresses als auch der ausdrücklich beabsichtigten Erweiterung der
Pietismusforschung über den/die „klassischen“ kernzeitlichen Pietismus/Pietismen hinaus
geschuldet. Wie bereits bei den vergangenen Kongressen verfolgt das IZP die Leitlinie, die
Erforschung des Pietismus durch inhaltliche wie durch methodische Innovationen und
Kontextualisierungen an die aktuellen internationalen kulturwissenschaftlichen Forschungen
anzubinden. Der Kongress hat zudem die herausragende Gelegenheit geboten, die
unterschiedlichen Digitalisierungsprojekte zur Reisethematik im weiten Feld der
Pietismusforschung inhaltlich, thematisch und strukturell zu vernetzen. So war das Projekt
„Moravian Lives“ der Bucknell University und der University of Gothenburg, welches
Herrnhuter Lebensläufe und deren globale Reiserouten verdeutlicht, ebenso auf dem Kongress
vertreten wie „Moravians at Sea. Herrnhuter Seereisen im 18. Jahrhundert“ der Universität
Jena oder „Herrnhut Digital“ der Technischen Universität Dresden. Diese Initiativen finden
ihre Entsprechung in der Digitalisierung von Selbstzeugnissen im Rahmen eines
Archivprojektes der Franckeschen Stiftungen als Quellenkorpus zum Reisen im direkten
Umfeld des halleschen Pietismus. Reiseberichte von Missionaren aus Indien und von Pastoren
aus Nordamerika stehen bei dieser laufenden Erschließung umfangreicher Korpora zum
Thema Religion und Reisen ebenso im Mittelpunkt wie die zunehmende Auswertung von
Reisen im institutionellen Kontext des „Institutum Judaicum et Muhammedicum“ in Halle.
Auch wenn es im Blick auf diese vielfältigen Initiativen anders scheinen mag, bislang hat sich
weder die Pietismusforschung systematisch mit dem Reisen als Forschungsgegenstand
explizit beschäftigt, noch hat umgekehrt die Historische Reiseforschung am Pietismus bzw. an
den Pietismen ein Interesse gefunden. Hier hat der Kongress eine naheliegende Verbindung
hergestellt. Die Ergebnisse werden, wie bei den bisherigen Kongressen, durch die zügige
peer-reviewed Publikation von Tagungsbänden in den Halleschen Forschungen gesichert. Die
hier angestrebte Bestimmung der interdependenten Verhältnisse von Reisen und Religion
lässt sich am historischen Fall der Pietismen aus ganz unterschiedlichen, einander
ergänzenden Forschungsperspektiven erzählen. Vertreten waren auf dem Kongress Sprachund
Literaturwissenschaft, sowie Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft, aber auch
Religionswissenschaft, Slawistik, Amerikanistik, Orientwissenschaften und Judaistik sowie
die Geschlechtergeschichte ebenso wie allgemeine Geschichtswissenschaft, die Theologie /
Kirchengeschichte. Demnach lag der Tagung kein eigentlicher disziplinärer Ort im engeren
Sinne zu Grunde; verbindendes Element zwischen den Disziplinen war der weit gefasste
Gegenstand in seiner historischen Interdisziplinarität. Zentrales Anliegen des Kongresses war
es, aus der jeweiligen Disziplinarität einen interdisziplinären Mehrwert für eine stärker
kulturwissenschaftlich engagierte und eingebundene Pietismusforschung zu gewinnen.
im langen 18. Jahrhundert zum Gegenstand des VI. Internationalen Kongresses für
Pietismusforschung zu machen, hatte noch vor gewichtigen inhaltlichen Gründen zunächst
eine schlichte sprachgeschichtliche Anregung: Religion und Reise bzw. Reisen verweisen mit
ihren lateinischen sowie alt- und mittelhochdeutschen Etymologien auf Bewegungspraktiken
und -richtungen in Raum und Zeit, zwischen Abkunft und Ankunft, Lösen und Binden,
Steigen und Fallen. In religiösen Darstellungs- und Deutungskontexten werden das Leben des
Menschen als eine Reise und der Mensch als ein Reisender beschrieben, was die aus der
heidnischen Antike hergenommene, christlich eingebürgerte Formel vom homo viator anzeigt.
Der Kongress hat nach Religion und Reisen in ihren besonderen Verbindungen während des
langen 18. Jahrhunderts als Zeitraum eines vielgestaltigen Aufbruches in neue Räume, zu
neuen Naturen und Kulturen gefragt. Zu den dabei treibenden, dynamischen und
dynamisierenden, Kräften gehörte dabei im Alten Reich eine reformorientierte
Frömmigkeitsbewegung, für die sich historiographisch die Bezeichnung Pietismus
eingebürgert hat, die kritisch wie zustimmend bereits unter den Zeitgenossen kursierte und
aus heutiger Perspektive heterogene protestantische Reformbewegungen seit der Frühen
Neuzeit umfasst. Die Weitung des Bezugsfeldes, in dem der Kongress Reisen im langen 18.
Jahrhundert thematisiert hat, zur Religion verdankte sich der Absicht, die vielfältigen
interkonfessionellen und interreligiösen Überschneidungen über den engeren Rahmen
pietistischer Zuschreibungen hinaus in den Blick zu nehmen. Die Reiseforschung hat sich in
den letzten Jahrzehnten stark entwickelt und in unterschiedlichen Zugängen ausdifferenziert.
Die Arbeiten von Urs Bitterli stehen im deutschen Sprachraum beispielhaft für die
kulturanthropologische Richtung, die sich in historischer Dimension ausfächert. So betonen
die Erforschung des Kulturtransfers und der Geschichte internationaler Beziehungen die
Bedeutung des Reisens als zentralen kulturellen und politischen Faktor, wobei der Übergang
zur Geschichte der europäischen Expansion und Entdeckungen fließend sei. In diesen Kontext
sind auch die transnationalen Studien einzuordnen, die auf Reiseberichte als Quellen
zurückgreifen. Die Literaturgeschichte hat sich des Reisens und der Reiseberichte seit
Längeren angenommen und bildet eine ganz eigene Forschungstradition. Im Zuge des
material turn in den Kulturwissenschaften finden sich auch ansatzweise Forschungen zur
Materialität des Reisens, die in Praktiken und im Transfer von Objekten vom Ziel der Reisen
nach Europa greifbar wird. Direkten Anschluss fand die Kongressthematik vor allem bei
Detailanalysen, wie bei der Frage nach der Kommunikation von christlicher Mission in ihren
Zielgebieten oder bei der Analyse von Veränderungen im Englandbild durch Reisen. Mit der
orientierenden Rahmung durch das Feld Religion und dabei der Fokussierung auf den
Pietismus bzw. auf die verschiedenen Pietismen im 18. Jahrhundert hat der Kongress
erweiternd und vertiefend einen Impuls aufgenommen, den die Franckeschen Stiftungen 2018
mit der Ausstellung und dem Katalog Durch die Welt im Auftrag des Herrn. Reisen von
Pietisten im 18. Jahrhundert gegeben haben. Entsprechend sind die Franckeschen Stiftungen
als Mitveranstalter in Erscheinung getreten. Gleichwohl sollte es hier nur schwerpunktmäßig
um reisende Pietisten bzw. Reisen des oder im Pietismus gehen. Die angesprochene
Ausweitung und Referenzierung auf das Feld Religion war sowohl dem interdisziplinären
Zuschnitt des Kongresses als auch der ausdrücklich beabsichtigten Erweiterung der
Pietismusforschung über den/die „klassischen“ kernzeitlichen Pietismus/Pietismen hinaus
geschuldet. Wie bereits bei den vergangenen Kongressen verfolgt das IZP die Leitlinie, die
Erforschung des Pietismus durch inhaltliche wie durch methodische Innovationen und
Kontextualisierungen an die aktuellen internationalen kulturwissenschaftlichen Forschungen
anzubinden. Der Kongress hat zudem die herausragende Gelegenheit geboten, die
unterschiedlichen Digitalisierungsprojekte zur Reisethematik im weiten Feld der
Pietismusforschung inhaltlich, thematisch und strukturell zu vernetzen. So war das Projekt
„Moravian Lives“ der Bucknell University und der University of Gothenburg, welches
Herrnhuter Lebensläufe und deren globale Reiserouten verdeutlicht, ebenso auf dem Kongress
vertreten wie „Moravians at Sea. Herrnhuter Seereisen im 18. Jahrhundert“ der Universität
Jena oder „Herrnhut Digital“ der Technischen Universität Dresden. Diese Initiativen finden
ihre Entsprechung in der Digitalisierung von Selbstzeugnissen im Rahmen eines
Archivprojektes der Franckeschen Stiftungen als Quellenkorpus zum Reisen im direkten
Umfeld des halleschen Pietismus. Reiseberichte von Missionaren aus Indien und von Pastoren
aus Nordamerika stehen bei dieser laufenden Erschließung umfangreicher Korpora zum
Thema Religion und Reisen ebenso im Mittelpunkt wie die zunehmende Auswertung von
Reisen im institutionellen Kontext des „Institutum Judaicum et Muhammedicum“ in Halle.
Auch wenn es im Blick auf diese vielfältigen Initiativen anders scheinen mag, bislang hat sich
weder die Pietismusforschung systematisch mit dem Reisen als Forschungsgegenstand
explizit beschäftigt, noch hat umgekehrt die Historische Reiseforschung am Pietismus bzw. an
den Pietismen ein Interesse gefunden. Hier hat der Kongress eine naheliegende Verbindung
hergestellt. Die Ergebnisse werden, wie bei den bisherigen Kongressen, durch die zügige
peer-reviewed Publikation von Tagungsbänden in den Halleschen Forschungen gesichert. Die
hier angestrebte Bestimmung der interdependenten Verhältnisse von Reisen und Religion
lässt sich am historischen Fall der Pietismen aus ganz unterschiedlichen, einander
ergänzenden Forschungsperspektiven erzählen. Vertreten waren auf dem Kongress Sprachund
Literaturwissenschaft, sowie Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft, aber auch
Religionswissenschaft, Slawistik, Amerikanistik, Orientwissenschaften und Judaistik sowie
die Geschlechtergeschichte ebenso wie allgemeine Geschichtswissenschaft, die Theologie /
Kirchengeschichte. Demnach lag der Tagung kein eigentlicher disziplinärer Ort im engeren
Sinne zu Grunde; verbindendes Element zwischen den Disziplinen war der weit gefasste
Gegenstand in seiner historischen Interdisziplinarität. Zentrales Anliegen des Kongresses war
es, aus der jeweiligen Disziplinarität einen interdisziplinären Mehrwert für eine stärker
kulturwissenschaftlich engagierte und eingebundene Pietismusforschung zu gewinnen.
Kooperationen im Projekt
Kontakt
Prof. Dr. Friedemann Stengel
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung
Franckeplatz 1
06110
Halle (Saale)
Tel.:+49 345 5523071
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