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Jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt: Kultur - Musik - Gelehrsamkeit
Finanzierung:
BMWi/AIF;
1. KONZEPT UND ZIEL DES PROJEKTES
Im 18. und 19. Jahrhundert entfaltete sich auf dem Territorium des heutigen Sachsen-Anhalt eine blühende jüdische Kultur- und Bildungslandschaft. Historische, politische und wirtschaftliche Konstellationen sowie impulsgebende Faktoren wie die Toleranzpolitik des Fürsten Leopold III. von Anhalt-Dessau (1740–1817) erleichterten die soziale Integration der Juden und ebneten den Weg aus ihren vormodernen, vom Religionsgesetz bestimmten Lebenswelten in die Moderne. In der jüdischen Auseinandersetzung mit der Moderne entstand eine Vielzahl an religiösen und intellektuellen Strömungen, die sich mit namhaften Gelehrten verbinden wie Moses Mendelssohn (Dessau, Aufklärung), Ludwig Philippson (Magdeburg, Reform), Esriel Hildesheimer (Halberstädter Orthodoxie), Leopold Zunz (Halle, Wissenschaft des Judentums), Hermann Cohen (Dessau, Neukantianismus) oder Emil Fackenheim (Halle, Theologie nach Auschwitz). Jüdische Intellektuelle, Philosophen und Reformer wirkten nicht nur in die jüdische Gemeinschaft hinein, sondern bereicherten mit aufklärerischem Gedankengut auch die Umgebungsgesellschaft.

Die Schoa führte zur Zerstörung dieses in seiner Vielschichtigkeit einzigartigen jüdischen Kulturraums und beendete damit eine fruchtbare Periode jüdisch-christlichen Miteinanders in der Region. Durch Migration jüdischer Intellektueller konnten Konzepte und Formen der hier entstandenen Kultur, Musik und Gelehrsamkeit an Orten außerhalb Deutschlands Wurzeln schlagen und neue Früchte tragen.

Mit den großen Transformationen nach 1945 mitsamt ihrer neuerlichen Verwerfungen verschwand die mannigfaltige jüdische Kultur der Region aus dem kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft. Auch in der Forschung ist Mitteldeutschland als jüdisch-deutschem Geschichts- und Kulturraum nur ein marginales Interesse zuteil geworden. Ungeachtet der Dichte und Vielfalt der Quellen (s. die von Stefi Jersch-Wenzel und Reinhard Rürup herausgegebenen "Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer") steht seine systematische landes- und regionalgeschichtliche Erschließung noch aus, von Zentren wie Halle, Dessau, Halberstadt oder Magdeburg einmal abgesehen. Einer der Gründe dafür liegt darin, dass das im Zuge der Neuordnung der neuen Bundesländer 1990 entstandene Sachsen-Anhalt aus Gebieten zusammengefügt wurde (u.a. Fürstentum Anhalt, Teile der preußischen Provinz Sachsen sowie Teile Braunschweigs und Thüringens), die ihre jeweils eigene Geschichte mitbringen. Dieser Diversität wiederum ist es geschuldet, dass sich kein regionales Selbstverständnis ausgebildet hat. Was den fehlenden Bezug zur jüdischen Geschichte der Region anbelangt, kommt erschwerend hinzu, dass die nach 1945 dort neu entstandenen jüdischen Gemeinden überwiegend aus russisch-jüdischen Immigranten bestehen. Sie bilden quasi ein „Fremdelement“ in einer historisch ohnehin heterogenen Region, in der das Bewusstsein für die jüdisch-christliche Symbiose der Vergangenheit verschüttet ist.

Ziel des Projekts ist es, in Forschung und Öffentlichkeit ein neues Bewusstsein für die jüdische Geschichte und Gegenwart der Region zu schaffen. Die Vorträge decken verschiedene Fachgebiete ab wie Architektur, Jüdische Studien, Geschichts-, Kultur-, Musik- und Theaterwissenschaften. Aus unterschiedlicher disziplinärer Sicht nehmen sie jüdische Personen, Ideen, Ereignisse, religiöse und intellektuelle Strömungen sowie Erinnerungsorte in den Blick. Dabei wird in erster Linie die innerjüdische Perspektive abgebildet; doch wäre das zu vermittelnde Bild nicht vollständig, kämen nicht auch die Interessen der Umgebungsgesellschaft an den Juden sowie der Antisemitismus zur Sprache. Eine weitere Fokussierung auf fassliche Gegenstände wie Buchdruck, Musik, Theater, Universitäten, Orientalistik dient der Veranschaulichung des Themas und trägt zur Facettierung der kulturellen Kartographie bei.

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