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Aufstieg, Fall oder Transformation der Erlebnisgesellschaft? Eine quantitativ-empirische Untersuchung für Deutschland und Europa
Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ;
Neuere Zeitdiagnosen zeichnen ein eher düsteres Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse, so bspw. die "Flucht nach vorn: Die Erfolgskultur der Gegenwart" (Neckel 2008), die "Gesellschaft der Angst" (Bude 2014) oder die "Abstiegsgesellschaft" (Nachtwey 2016). Der Kontrast zu den Gesellschaftsdiagnosen vor der Jahrtausendwende ist beachtlich. Paradigmatisch für den Optimismus der 1980er und 1990er Jahre war die These der Erlebnisgesellschaft von Gerhard Schulze (1992): Angesichts des materiellen Überflus-ses für breite Schichten habe sich die Modernisierung von außen nach innen gewendet, weg von einer Orientierung auf Status und materiellen Erfolg hin zum fast spielerischen "Projekt des schönen Lebens". Infolge dessen seien auch soziale Ungleichheiten im Alltag der Menschen weitgehend irrelevant geworden, was Schulze als subjektive Entvertikalisierung bezeichnet. Konfrontiert mit den jüngsten Gegenwartsdiagnosen und der dort thematisierten steigenden ökonomischen Ungleichheit und Unsicherheit stellt sich daher die spannende Frage: Ist die Erlebnisgesellschaft schon wieder Geschichte? Oder leben wir immer noch - und vielleicht sogar mehr denn je - in einer Erlebnisgesellschaft? Oder hat sich die Gesellschaft angesichts neuer sozio-ökologischer Krisen und Herausforderungen (Stichworte: Nachhaltigkeit und Postwachstum) zuletzt in eine ganz andere Richtung entwickelt? In diesem Spannungsfeld der Zeitdiagnosen soll das beantragte Projekt eine Positionsbestimmung der deutschen Gesellschaft vor dem Hintergrund der Theorie der Erlebnisgesellschaft vornehmen, die im Jahr 2022 ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. Wir erforschen, ob der Wandel zur Erlebnisgesellschaft trotz fragiler gewordener Rahmenbedingungen immer noch intakt ist (Szenario "Aufstieg der Erlebnisgesellschaft") oder sich wieder umgekehrt hat (Szenario "Fall der Erlebnisgesellschaft"). Dabei ist das Projekt auch offen für die Möglichkeit, dass die Gesellschaft mit dem neuen existenziellen Problem des "nachhaltigen Lebens" eine neue Entwicklungsrichtung eingeschlagen hat (Szenario "Transformation der Erlebnisgesellschaft").Um diese Positionsbestimmung vornehmen zu können, stellt das Projekt zwei Grundannahmen der Schulze’schen Theorie in den Mittelpunkt: die der innengerichteten Modernisierung in Richtung Erlebnisorientierung sowie die der subjektiven Entvertikalisierung der Gesellschaft. Diese Grundannahmen überprüfen wir bevölkerungsrepräsentativ im Zeitverlauf (ab ca. 1980 bis heute) für Deutschland und zusätzlich mit aktuellen Querschnittsdaten im internationalen - v. a. europäischen - Ländervergleich (ab ca. 2000 bis heute). Das Forschungsvorhaben ist in großen Teilen sekundäranalytisch angelegt, nur für das Thema der Transformation planen wir eine explorative Primärdatenerhebung. Unser Projekt ist nicht nur zeitdiagnostisch hochrelevant, sondern stellt, von vereinzelten Arbeiten abgesehen, seit langem ein soziologisches Forschungsdesiderat dar.
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